Direkt zum Inhalt wechseln

Gutes tun mit bester Laune

Brost-Vorstand zog beim Stiftungstag auf Zeche Zollverein eine überaus positive Bilanz der geförderten Projekte 2018

__________________________________________________

Die Sonne senkte sich langsam, als Prof. Wolfgang Heit das Podium betrat, den Gästen des Stiftungstages präsentierte sich vor den Fenstern des Erich-Brost-Pavillons die Zeche Zollverein im Postkartenlicht. Ein berauschendes Panorama, passend zur Rede eines offensichtlich bestens gestimmten Vorstandsvorsitzenden der Brost-Stiftung. „Unsere Arbeit steht wohl unter einem guten Stern“, eröffnete Heit die jährliche Bilanz.

 

Probleme sehe er derzeit keine, der Vorstand sei „gut drauf, was die Stiftung angeht“. Die Gründe für das Stimmungshoch fasste er so zusammen: „Wir haben das Vermögen der Stiftung erheblich vermehrt, dabei unsere Ziele im Sinne der Stiftungsvorgaben von Anneliese Brost fast vollständig erreicht. Und wir tun dies im besten Einvernehmen und freundschaftlichen Selbstverständnis unter den Vorstandskollegen.“

Einblocker Heit (20190910_Brost-Stiftungstag_0004_MKP)

„Die Zeitungsüberschrift für den Bericht vom Stiftungstag kann nur heißen: Brost-Stiftung: Weiter so!

Prof. Dr. Wolfgang Heit, Vorstandsvorsitzender Brost-Stiftung

An zwei Projekten aus dem Kulturbereich verdeutlichte Heit das erfolgreiche Engagement der Stiftung, deren Fundament „ein von zwei Geschäftsführern geleitetes Team von Top-Mitarbeitern“ bilde. Durch die Zuwendungen der Brost-Stiftung sei das Schauspiel Bochum wieder auf dem Weg in die oberste Spielklasse der deutschen Sprechbühnen. Und ausgerechnet die geförderte „Freischütz“-Inszenierung habe dem Aalto-Musiktheater eine Auszeichnung gebracht. Heit: „Wir stehen jetzt im Ranking der Kulturkritiker mit der Essener Oper vor Köln – und das ist schon was!“

Festmachen könne man den Erfolg an zwei über-fliegenden Holländern: Johan Simons als Intendant in Bochum sowie Hein Mulders Wirken in Essen. Damit sei das stete Bemühen der Brost-Stiftung um gute deutsch-niederländische Nachbarschaft aber auch erschöpft, so Heit lächelnd: „Wir werden jetzt nicht noch anfangen, sie beim Toreschießen gegen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zu unterstützen...“

Anknüpfend an das besondere Engagement von Stiftungsgründerin Anneliese Brost lag das Augenmerk im Verlauf des Abends auf den Initiativen zur Sicherung eines funktionsfähigen „Journalismus im digitalen Zeitalter“. Im Gespräch mit Moderatorin Anja Bröker (ARD-Morgenmagazin) verdeutlichten „Netzentdecker“ Hajo Schumacher, Judith Conrady (Rheinische Post online), Jörg Schmitt (Spiegel) sowie der Leiter der Henri-Nannen-Schule, Andreas Wolfers, wie sehr Bürgerrechte und unabhängige Presse von der Datenflut im Internet bedroht sind.

Einblocker Hombach (20190910_Brost-Stiftungstag_0010_MKP)

„Wir suchen nicht Unworte, wir wollen zuhören und verstehen, informieren, nicht indoktrinieren.“ Prof. Bodo Hombach, stellv. Stiftungsvorstand

Mit drei Leuchtturmprojekten wendet sich die Brost-Stiftung gegen diese Entwicklung. In der „Netzentdecker“-Kolumne nimmt Schumacher, bis vor kurzem noch ein „analoger Ötzi“, seine Babyboomer-Generation mit auf die herausfordernde Expedition in die digitale Welt. Seine regelmäßigen Erfahrungsberichte erscheinen in Tageszeitungen wie der Berliner Morgenpost, dem Hamburger Abendblatt, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung und der Rheinischen Post sowie deren online-Angeboten.  

Mit der Frage nach der „Zukunft des Lokaljournalismus an Rhein und Ruhr“ beschäftigt sich ein über zwei Jahre angelegter Workshop. Verantwortliche Redakteure der Ruhrgebietsmedien haben bereits eine erste Bestandsaufnahme vorgenommen, in der nächsten Phase des Projektes folgt der Austausch mit den Bürgern und (Noch-)Lesern. „Unsere Zukunftsoption liegt im Angebot von einordnenden Informationen“, so Judith Conrady. „Die Nachricht über steigende Müllgebühren zum Beispiel erreicht die Menschen auf vielen anderen Kanälen. Guter Lokaljournalismus muss Antworten auf die Fragen liefern: Kann ich den Service anderswo billiger bekommen? Wie sind meine Kosten im Vergleich zu anderen Kommunen?“

Einblocker Schumacher (20190910_Brost-Stiftungstag_0014_MKP)

„Viele von uns sind damals gegen die Volkszählung auf die Straße gegangen und haben heute offenbar kein Problem damit, dass bei jedem Telefonat einer mithört und wichtige Daten sammelt.“

Dr. Hajo Schumacher, Autor der „Netzentdecker“-Kolumne

Um diese Qualitätsstandards einzulösen, braucht es in erster Linie gut ausgebildete (und bezahlte) Journalisten. Deren Fortkommen unterstützt die Brost-Stiftung über ein Recherchestipendienprogramm. Im Rahmen der  Kooperation mit dem „Verein für Recherche und Reportage e.V.“  erhalten bis zu 20 junge Journalistinnen und Journalisten (bis 35 Jahre) jährlich die Chance, ein besonders zeitintensives Recherche- oder Reportagevorhaben umzusetzen. Die Bewerbungen prüft ein mit hochkarätigen Fachleuten besetztes Kuratorium, die Förderung kann ein Jahr gewährt werden.

Einblocker Schmitt (20190910_Brost-Stiftungstag_0020_MKP)

„Investigativer Journalismus ist aufwändig, aber ein Grundpfeiler der sogenannten 4. Gewalt. Wir haben zum Beispiel 13 Jahre recherchiert, um aufzudecken, dass das Sommermärchen 2006 eine gekaufte WM war.“

Jörg Schmitt, Koordinator Investigativ beim Spiegel

Bodo Hombach fasste Stiftungsauftrag und Motivation des Vorstandes zusammen: „Die Nachwuchsjournalisten haben durch unsere Förderung Mittel und Zeit zu tief schürfender Wahrheitssuche.“

Dies sei essentiell in Zeiten wachsender Manipulation und Verunsicherung im gesellschaftlichen Dialog. „Den Satz: ,Auf uns hört ja keiner‘ hört man massenhaft. Es gibt mehr Möglichkeiten als je zuvor, seine Meinung zu verbreiten, aber das Gefühl der Irrelevanz gärt in zu vielen. Laut Allensbach-Untersuchung vom Mai sagt nur jeder fünfte Deutsche er fühle sich frei, öffentlich seine Meinung zu sagen. Wen das nicht elektrisiert!“

Vielfalt und Bildungsanspruch der Stiftungsprojekte, bei gleichzeitiger Lebensnähe, illustrierten im weiteren Verlauf des Abends Timm Beckmanns „Liga der außergewöhnlichen Musiker“ im gefühlten Gegenschnitt zur Aufklärungskampagne von „Jugend gegen Aids“. Während das Video zu Beckmanns Bemühen, mit Unterstützung von Kabarett „klassische Musik an den Mann zu bringen“, für Heiterkeit im Saal sorgte, konfrontierten die darauf folgenden Fakten zu Aids-Neuinfektionen mit dem harten Ruhrgebietsalltag. Essen liegt bei den Neuansteckungen deutschlandweit an der Spitze. Darüber hinaus sind Chlamydien, Tripper und Syphilis auf dem Vormarsch.

Dagegen setzt sich der Verein „Jugend gegen Aids“ bundesweit ein, die Brost-Stiftung unterstützt eine Aufklärungs- und Präventionskampagne im Ruhrgebiet. „Wir bemühen uns mit Workshops junge Menschen zu informieren, die dann als sogenannte ‚peer educator‘ in ihren Schulklassen Aufklärung leisten“, erklärte Vorstandsmitglied Anna Konopka das Konzept des Vereins.  

Einblocker Sacher (20190910_Brost-Stiftungstag_0042_MKP)

„Der Erfolg unserer Projekte beruht auch darauf, dass uns große Protagonisten bei großen Herausforderungen unterstützen.“ Dr. Thomas Sacher, Stiftungsvorstand

Das wird unterstützt von Prof. Dr. Hendrik Streek vom Uniklinikum Essen, einem der weltweit renommiertesten Aidsforscher. Er leitet u.a. eine Studie unter dem Namen STIPnet, die europaweit Daten sammelt, wer sich mit welchen Erregern am häufigsten ansteckt. Streeks beklemmender Einblick: „Untersuchungen belegen, dass Flüchtlinge sich überwiegend auf der Flucht unter anderem durch Vergewaltigung infizieren.“

Der Forscher wendet sich gegen die wachsende Sorglosigkeit vor allem junger Menschen: „Es gibt inzwischen eine Pille, von der Krankenkasse bezahlt, die vor Aids-Infektion schützt. Aber sie schützt eben nicht vor anderen Geschlechtskrankheiten wie Tripper, die aktuell auf dem Vormarsch sind.“

Von Aids-Prävention bis zur Zukunftswerkstatt – eine Übersicht über alle im Jahr 2018 geförderten Stiftungs-Projekte finden Sie unter „Gesichter der Zukunft im Revier“ auf dieser Seite.