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Beethoven im Schlagzeug-Duell

Schüler der Gustav-Heinemann-Gesamtschule fanden überraschenden Zugang zum Musikgenie

WAS FÄLLT IHNEN ZU BEETHOVEN EIN ...?

„Freude schöner Götterfunken ...“ – der gewaltige Schlusschor aus der 9. Sinfonie? Der zur Erkennungsmelodie für ein vereintes Europa wurde. Oder die vielfachen Adaptionen des „Roll Over Beethoven“ von Chuck Berry bis zum Electric Light Orchestra? Bei dem auf die ersten Akkorde der 5. Sinfonie ein legendäres Gitarren-Riff folgt. Freunde der Peanuts-Comics werden sich vielleicht spontan an die vielen Büsten des Musikgenies erinnern, die ständig vom Flügel des kleinen Schröder flogen und in Stücke brachen.
ABER WAS KANN EINE 12. KLASSE EINER ESSENER GESAMTSCHULE MIT DEM IN BONN GEBORENEN KOMPONISTEN ANFANGEN?

Dieser Frage geht das von der Brost-Stiftung geförderte Projekt „Beethoven Experience“ nach. Über ein Schuljahr hinweg sollen sich den Schülern beim Umgang mit Beethovens Werken und seiner Weltanschauung „ästhetische Erfahrungen durch Musik öffnen und zum Diskurs über humanistische Werte anregen“ (Projektbeschreibung). Der leicht philosophisch anmutende Ansatz wurde von den Jungs und Mädels des Musikkurses der Gustav-Heinemann-Gesamtschule Essen schnell geerdet: SIE HAUEN AUF BEETHOVEN DRAUF!
Leben und Werk voller Kontraste
Gemeinsam mit Studierenden der Folkwang Universität der Künste haben sie die klassische Musik völlig neu interpretiert und daraus ein Stück für Schlagzeuge gemacht. Am Sonntag (24. Juni) wird es beim Familientag (14 – 18 Uhr) des Anneliese Brost Musikforums Ruhr im Großen Saal uraufgeführt.

Doch der Reihe nach...

„Bei der Beschäftigung mit der Person und seiner Musik wurde den Schülern schnell die Gegensätzlichkeit in Leben und Werk Beethovens klar“, erzählt Professor Matthias Schlothfeldt von der Folkwang Uni, der das Projekt betreut. Hörverlust bis zur Taubheit machte den Komponisten, der sich seine Musik nur noch im Kopf vorstellen konnte, zum Sonderling. Unglückliche Liebschaften wechselten sich mit finanziellen Sorgen und schweren Krankheiten bis zum frühen Tod ab.
In seiner Reihe „Für Kinder leicht erzählt“ sagt der Bayerische Rundfunk über Ludwig van Beethoven (1770-1827): „In seinem Wesen vereinen sich völlig gegensätzliche Charakterzüge. Beethoven ist zwar kein Mensch, der die Ordnung liebt, so trocknet er seine gewaschene Kleidung, indem er sie übers Klavier hängt. Auch das Notenpapier liegt querbeet verteilt im Zimmer herum. Und doch kann er aus der Haut fahren, wenn während eines Konzertes nur eine einzige Person im Publikum tuschelt. Und Beethoven gibt viele Konzerte!“

Arm und Reich im musikalischen Klassenkampf
So drehte sich die Diskussion unter den Schülern sehr schnell um Gegensatzpaare wie oben und unten, mächtig und ohnmächtig oder arm und reich. Schlothfeldt: „Bei der Frage, wie man diese Kontraste zeitgemäß interpretieren und darstellen kann, entstand zunächst die Idee von zwei Tänzern, die sich, durch eine unsichtbare Mauer getrennt, bewegen sollten.“ Aus den zwei Tänzern wurden zwei Schlagzeuge. Genauer ein Schlagzeug und eine Steel Drum, die sich in ein musikalisches Duell begeben.

Beethoven Be_flügelt Kleinkinder

Im Projekt „Be_Beethoven Experience“ werden junge Menschen verschiedenster Altersstufen aus unterschiedlichen Bildungseinrichtungen zum Umgang mit dem berühmten Komponisten aufgefordert. Die Ergebnisse aus insgesamt neun Teilprojekten werden am Familientag der Bochumer Symphoniker (24. Juni) vorgestellt. Mit dabei sind Vorschulkinder, die zum Stichwort „BE_FLÜGELT“ Beethovens Serenaden als Geschichte über Feen und Kobolde interpretieren. Dazu kommen Filme, Klangstücke aus einer Inklusionsklasse sowie Slammen zum Liveklang eines Cellos. Und im Begleitprogramm lädt unter anderem Beethovens Wohnzimmer zum Erinnerungsfoto ein ...
Wer beginnt, wer gewinnt? Wann wird es laut, wann leise? Diese Fragen bearbeiteten die jungen Musikschaffenden in zwei Gruppen, unterteilt nach „arm“ und „reich“. So wie auch die Instrumente jeweils eine Gesellschaftsklasse repräsentieren sollen: das Schlagzeug die Privilegierten, die Steel Drum die Underdogs. Zur Choreografie des Duells kamen Arme und Reiche wieder in einem Raum zu einer engagierten Debatte zusammen.
„Ich bin beeindruckt, mit wie viel Emotion und Sachkenntnis die Schüler ihr Stück erarbeiten“, so Jens Heit, Geschäftsführer der Brost-Stiftung, als Beobachter. „Dabei herrscht eine bemerkenswerte Diskussionskultur. Und es klingt für mich sehr professionell.“ Noch feiner für die Ohren wurde das Klangerlebnis, als Folkwang-Musikstudenten bei der vorletzten Probe mit den Schülern die Plätze tauschten. Und die im Musikkurs von den Jugendlichen erarbeitete Partitur an Schlagzeug und Steel Drum nachspielten. Der heftige Applaus galt am Ende – völlig zurecht – auch der eigenen Leistung der begabten „Heinemänner“.

Die jetzt dem großen Auftritt beim Familientag entgegenfiebern ...

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