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Nr. 5: Natasha and Yousef forever

Ich weiß auch nicht, warum ich diesen Mann frage, was sein Tattoo zu bedeuten hat. Ich bin schon im Aufbruch und bemerkte ihn plötzlich. Den ganzen Tag über habe ich im Schwimmbad Tattoos gesehen und mich gefragt, ob sie ein Bild wert sind. Affen, Schmetterlinge, Schildkröten, Leuchttürme, Schlangen, Schleifen, Fische, Blumen, Adler, Anker, Bäume, Blüten, Augen, Sterne, Pferde, Papageien ... auf Schulterblättern, Armen, Waden, Fingern, Bäuchen, Pobacken, Hälsen  ... und nun diese arabische Schrift über dem Herzen. Ich gehe ihm hinterher, tippe ihm auf die Schulter, als er und seine Freundin ins Wasser springen wollen. Er ist überrascht. Ich werde meine Frage los. Er antwortet: „Mein Vater ist meine Kraft.” „Ist Ihr Vater gestorben?”, erkundige ich mich und bereue es sogleich. „Aber nein”, erwidert er, „er lebt.” Sie seien zu zweit aus dem Irak geflüchtet. Eine Weile schweigen wir beide, während Kinder kreischend ins Wasser springen. Es ist Sommer. Es sind Ferien. Es ist heiß. Dann frage ich seine Freundin, wie das mit einem Mann sei, der seinen Vater derart liebt. Sie lächeln sich an und er hält mir die Hand hin - Natasha and Yousef forever.